Der Wechsel der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) - wann er Sinn macht und wie er funktioniert

Seit 1996 besteht in Deutschland die Möglichkeit, die gesetzliche Krankenkasse frei zu wählen. Versicherte können sich aussuchen, bei welcher Krankenkasse sie versichert sein möchten und ein Wechsel ist prinzipiell kein Problem.

 

Früher waren unterschiedliche Beitragssätze der einzelnen Kassen ein wesentliches Motiv für die Wechselentscheidung. Mit der 2009 erfolgten Einführung des einheitlichen Beitragssatzes ist dieser Beweggrund zunächst entfallen, gewinnt aber mittlerweile durch mögliche krankenkassen-spezifische Zusatzbeiträge wieder an Bedeutung. Seit Jahresbeginn 2015 können die Krankenkassen von ihren Mitgliedern einen einkommensbezogenen Zusatzbeitrag erheben. Dadurch sind wieder mehr „echte Preisunterschiede“ zwischen den Krankenkassen zu erwarten und Versicherte können durch die Wahl der Krankenkasse sparen.

Ein anderer Grund zum Wechseln sind Wahltarife. Fast alle gesetzlichen Krankenkassen bieten ihren Mitgliedern Wahltarife, mit denen - unter bestimmten Voraussetzungen - Sparvorteile genutzt werden können. Mit der Vereinbarung eines Wahltarifs mit Selbstbehalt lassen sich zum Beispiel bis zu mehrere hundert Euro jährlich sparen. Die Tariflandschaft ist buntscheckig und es kann einen spürbaren finanziellen Mehrwert bedeuten, in einen günstigen Wahltarif bei einer anderen Krankenkasse zu wechseln, wenn die eigene Kasse nichts Vergleichbares vorsieht.

Bei den sogenannten Sonderleistungen, die die Krankenkassen über ihr „Pflichtprogramm“ hinaus anbieten, gibt es ebenfalls Unterschiede. Wer auf bestimmte Leistungen jenseits der Regelversorgung Wert legt, mag ebenfalls eine Krankenkasse wählen, die die Kosten dafür im Rahmen ihrer Sonderleistungen übernimmt.
 

Kündigungsfristen und Sonderkündigungsrecht

Ein Wechsel der gesetzlichen Krankenkasse bildet für Pflichtversicherte grundsätzlich kein Problem. Voraussetzung ist lediglich eine mindestens 18 Monate dauernde Mitgliedschaft in der bisherigen Krankenkasse. Nach Ablauf dieser „Karenzzeit“ ist ein Wechsel jederzeit möglich. Eine Kündigung wird allerdings immer erst zum Ablauf des übernächsten Monats wirksam. Wenn zum Beispiel Ende Januar gekündigt wird, läuft die Versicherung bei der alten Krankenkasse zum 31. März aus. Auch bei der neuen Kasse ist man dann ab 1. April wieder für 18 Monate gebunden, ehe eine erneute Kündigung möglich ist.

Bei Wahltarifen gelten besondere Bindungsfristen. Bei manchen Tarifen betragen sie drei Jahre, bei anderen ein Jahr. Ein Krankenkassenwechsel ist in diesen Fällen erst möglich, wenn die Mindestmitgliedschaft oder die Bindungsfrist des jeweiligen Wahltarifs abgelaufen ist. Im Zweifel ist dabei der jeweils längere Zeitraum relevant. Wer sich für einen Wahltarif entscheidet, sollte sich über die unter Umständen länger dauernde Bindung im Klaren sein - mehr dazu weiter unten.

Bei Zusatzbeiträgen ist ein Sonderkündigungsrecht gegeben. Dies gilt bei erstmaliger Erhebung ebenso wie bei Erhöhung eines bestehenden Beitrags. Hier spielt die Dauer der Mitgliedschaft oder die Bindungsfrist bei Wahltarifen keine Rolle. Das Sonderkündigungsrecht kann vielmehr jederzeit innerhalb von zwei Monaten nach Inkrafttreten der Beitragserhebung bzw. -erhöhung ausgeübt werden.
 

Diese Formalien sind zu beachten

Für die Kündigung und den Krankenkassenwechsel gelten einige formale Anforderungen und Empfehlungen. Hier ein kurzer Überblick.

  • Die Kündigung - sowohl regulär als auch im Rahmen der Sonderkündigung - muss schriftlich erfolgen, wegen des Nachweises am besten als Einschreiben mit Rückschein. Es gibt für den Inhalt keine besonderen Formvorgaben. Die Tatsache der Kündigung, Kündigungstermin und Versicherungsnummer sollten eindeutig hervorgehen. Im Internet werden zahlreiche Mustervorlagen für diesen Zweck angeboten. Die Krankenkasse muss die Kündigung binnen 14 Tagen nach Eingang bestätigen.
  • Parallel ist die Mitgliedschaft in der neuen Krankenkasse zu beantragen. Gewählt werden können Kassen, die für das Bundesland des jeweiligen Wohn- oder Arbeitssitzes geöffnet sind. Viele gesetzliche Krankenkassen sind bundesweit geöffnet, andere dagegen nur in bestimmten Bundesländern. Von dieser Einschränkung abgesehen darf grundsätzlich keine gesetzliche Krankenkasse die Mitgliedschaft ablehnen - zum Beispiel wegen des Alters oder Vorerkrankungen. Die Kündigungsbestätigung der alten Krankenkasse ist der neuen zu übersenden - eine entscheidende Wechsel-Voraussetzung.
  • Die neue Krankenkasse muss noch innerhalb der Kündigungsfrist eine Mitgliedsbescheinigung ausstellen. Sie ist unverzüglich dem Arbeitgeber vorzulegen. Der Arbeitgeber befindet sich dann in der Pflicht, zum Wechseltermin die Abmeldung in der bisherigen und die Anmeldung in der neuen Krankenkasse vorzunehmen. Damit ist der Wechsel vollzogen. Wichtig zu wissen: wird keine neue Krankenkasse gewählt oder der Arbeitgeber nicht rechtzeitig informiert, bleibt - trotz Kündigung - die Mitgliedschaft in der alten Krankenkasse bestehen. Damit wird immer ein gültiger Krankenversicherungsschutz gewährleistet.
     

Besonderheiten bei freiwillig Versicherten

Wer beim Einkommen die Beitragsbemessungsgrenze der GKV - in 2015: 49.500 Euro - überschreitet, selbständig arbeitet oder Freiberufler ist, hat grundsätzlich die Wahl, ob er auf freiwilliger Basis (weiter) gesetzlich krankenversichert sein möchte oder eine private Krankenversicherung abschließt. Selbstverständlich können in diesem Zusammenhang auch freiwillig Versicherte ihre gesetzliche Krankenkasse wechseln. Dabei gelten die gleichen Modalitäten, Voraussetzungen und Fristen wie bei Pflichtversicherten.

Eine besondere Hürde müssen Selbständige und Freiberufler beachten, die einen Wahltarif mit Krankengeldanspruch in der GKV abgeschlossen haben. Dies stellt eine Option neben der Vereinbarung des regulären Beitragssatzes dar, um Krankengeld zu erhalten. Bei solchen Wahltarifen gilt generell eine dreijährige Bindungsfrist. Während dieser Zeit ist weder eine Wechsel in eine andere gesetzliche Krankenkasse noch zur privaten Krankenversicherung möglich. Wer sich eine kürzerfristige Wechselmöglichkeit offenhalten will, sollte daher die Vereinbarung des regulären Tarifs oder alternativ den Abschluss einer privaten Krankentagegeldversicherung prüfen.
 

Die private Krankenversicherung als Alternative

Der Wechsel in die private Krankenversicherung ist für freiwillig Versicherte von grundsätzlicher Bedeutung und will gut überlegt sein. Eine spätere Rückkehr in die GKV ist nicht ohne weiteres möglich. Der Vorteil der „Privaten“ besteht vor allem im höheren Leistungsniveau im Vergleich zur GKV. Bei den Beiträgen kommt es auf die jeweilige Lebenssituation und das Eintrittsalter an. In jungen Jahren und für gut verdienende Singles ist die private Krankenversicherung in der Regel günstiger, bei anderen Konstellationen gilt dies nicht unbedingt. Wer zum Beispiel die Familienversicherung der GKV für Familienangehörige nutzen kann, fährt damit oft besser. Nicht selten ist eine freiwillige Versicherung in der GKV in Verbindung mit privaten Zusatzversicherungen für bessere Leistungen die passende Lösung.
 

Zusammenfassung

  • ein Wechsel der gesetzlichen Krankenkasse ist prinzipiell möglich und sinnvoll, um günstigere Beiträge und/oder bessere Leistungen zu nutzen;
  • während der 18monatigen Mindestmitgliedschaft und der Bindungsfrist eines Wahltarifs ist ein Krankenkassenwechsel ausgeschlossen, bei Zusatzbeitragsveränderungen gilt ein Sonderkündigungsrecht;
  • damit ein Wechsel wirksam wird, sind bestimmte Voraussetzungen und Fristen zu beachten;
  • freiwillig GKV-Versicherte steht als zusätzliche Option der Wechsel in die private Krankenversicherung offen.
 

 

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