Leistet die PKV genug in der Corona-Krise?

Die Corona-Krise kostet das deutsche Gesundheitssystem viel Geld. Das gilt nicht nur aufgrund der notwendigen Behandlungen von Corona-Kranken. Die Politik hat eine Reihe zusätzlicher Maßnahmen auf den Weg gebracht, die der Corona-Vorbeugung dienen oder die finanziellen Folgen von Corona im Gesundheitssystem auffangen sollen.

Bei der Finanzierung werden vor allem die gesetzlichen Krankenkassen in die Pflicht genommen. Sie sollen zum Beispiel die Mehrkosten tragen, die durch die vorgesehene deutliche Ausweitung der Corona-Tests entstehen. Bisher zahlten die Krankenkassen Tests nur bei begründeten Verdacht auf eine mögliche Corona-Infektion. Künftig soll in wesentlich größerem Umfang getestet werden - ggf. auch ohne konkrete Symptome oder Verdachtsmomente.
 

Hunderte Millionen Euro Mehrkosten durch Corona-Tests

Die gesetzlichen Krankenkassen müssen dabei im Rahmen von behördlich angeordneten Reihenuntersuchungen und „Corona-Verfolgungen“ auch Kosten für Privatversicherte und Nicht-Versicherte übernehmen. Das stößt verständlicherweise bei den Kassen auf wenig Gegenliebe. Seitens des GKV-Verbandes wurde bereits eine Finanzierung aus Steuermitteln gefordert, da es sich bei den Flächentests um eine staatlich veranlasste Maßnahme handele. Der Bundeszuschuss an den Gesundheitsfonds soll zwar aus diesem Anlass erhöht werden, doch eine 1 : 1-Gegenfinanzierung ist angesichts der vielen Milliarden, die Corona sonst noch dem Staat abverlangt, eher unwahrscheinlich. Die genaue Höhe des Zuschusses steht noch nicht fest.

Um welche Größenordnung es geht, wird deutlich, wenn man die Testkapazitäten betrachtet. Derzeit sind knapp 900.000 Tests pro Woche möglich. Ein Test kostet um die 50 Euro. Wenn das Potential voll ausgeschöpft würde, ginge es um ein Kostenvolumen von rd. 45 Millionen Euro pro Woche. Die bisher erfolgten wöchentlichen Tests machen nur einen Bruchteil davon aus. Da Corona uns noch über Monate beschäftigen dürfte, könnten auf die gesetzlichen Krankenkassen schnell etliche hundert Millionen Euro an Zusatzkosten zukommen. Nur ein Kostenfaktor von mehreren durch Corona – auch an zusätzlichen Vergütungen für Ärzte, Krankenhäuser und das Pflegepersonal sind die Kassen beteiligt.
 

Scheren Private aus der Solidargemeinschaft aus?

Der Ärger, bei den Corona-Tests ggf. auch für Privatversicherte ist daher besonders groß und der Vorwurf schnell vorgebracht, die privaten Krankenversicherer zögen sich aus der Verantwortung. Das reiht sich in eine immer wieder vorgetragene Kritik am PKV-System ein: es ermögliche Besserverdienern, sich aus der Solidargemeinschaft zu verabschieden und schädige damit das Gesundheitswesen als Ganzes. Eine Kritik, die der PKV-Verband sowohl generell und als auch im Hinblick auf die aktuelle Corona-Test-Thematik nicht stehen lassen möchte.

Üblicherweise wird von PKV-Seite mit den Mehrleistungen der privaten Krankenversicherer bei Arzt- und Krankenhausbehandlungen argumentiert. Höhere Vergütung für gleiche Versorgung wie bei gesetzlich Versicherten - damit subventioniere die PKV das Gesundheitswesen und entlaste auch die gesetzlichen Krankenkassen. Im Zusammenhang mit den aktuellen Vorwürfen macht der PKV-Verband, der im Übrigen die Forderung der GKV nach eine Testfinanzierung aus Steuermitteln teilt, jetzt noch eine neue Rechnung auf.
 

Neues (Gegen-)Argument - höhere Steuern für den Bundeszuschuss

Dabei wird auf die überproportionale Beteiligung der Privatversicherten bei der Finanzierung von Bundeszuschüssen für den Gesundheitsfonds hingewiesen. Nach Berechnungen desRWI Leibniz-Instituts für Wirtschaftsforschung, die dem Handelsblatt vorliegen, werden rund 20 Prozent der Steuermittel für den Bundeszuschuss von Privatversicherten aufgebracht, obwohl sie nur ca. 10 Prozent der Steuerzahler ausmachen. Der Grund ist einfach: da sie zu den „Besserverdienern“ gehören, erfolgt eine höhere Besteuerung als beim durchschnittlichen Kassenmitglied. Von den zuletzt 14,5 Mrd. Euro Bundeszuschuss zum Gesundheitsfonds wären demnach 3 Mrd. Euro von Privatversicherten aufgebracht worden.

Der Gesundheitsfonds ist der Topf, aus dem die Leistungen der gesetzlichen Krankenkassen finanziert werden. Bundeszuschüsse dienen dazu, Kassenleistungen mitzufinanzieren, die außerhalb der klassischen Aufgabe einer Krankenversicherung liegen. Insbesondere die Familienversicherung - die kostenlose Mitversicherung von Familienangehörigen in der GKV - wird als Sozialleistung über die Bundeszuschüsse dargestellt, jetzt sollen sie auch Corona-Maßnahmen mit abdecken. Dass Privatversicherte die Zuschüsse überproportional mittragen, dürfte als Argument künftig noch häufiger in der politischen Diskussion auftauchen.

 

 

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