Beitragsnachforderungen bei Selbständigen zur GKV - Gesetzgeber plant Entlastung

News-Artikel vom: 13.11.2023

In den letzten Monaten haben verschiedene Verbraucherzentralen über eine unerfreuliche Praxis von Krankenkassen bei Beitragsnachforderungen gegenüber Selbständigen berichtet. Die Nachforderungen erfolgen im Zusammenhang mit verspätet eingereichten Einkommensnachweisen zur Beitragsbemessung. Die Krankenkassen orientieren sich bei den Nachforderungen an den Höchstbeiträgen in der GKV und können sich dabei auf eine entsprechende gesetzliche Regelung berufen. Jetzt will der Gesetzgeber laut einem Bericht der Verbraucherzentrale Hamburg Abhilfe schaffen. Eine entsprechende Gesetzesänderung soll noch in diesem Jahr verabschiedet werden.

Worum geht es konkret? Selbständige können sich freiwillig in der GKV versichern. Für die Beitragsfestlegung gelten besondere Regularien (vgl. § 240 Absatz 4a SGB V). Der Beitrag wird auf Basis der voraussichtlichen Einkünfte festgesetzt. Die voraussichtlichen Einkünfte werden entweder anhand einer Schätzung oder auf der Grundlage des vorjährigen Steuerbescheids ermittelt. Daran bemisst sich zunächst der Krankenkassenbeitrag. Er hat vorläufigen Charakter. Die tatsächliche Beitragshöhe wird nachträglich nach Einreichung des Steuerbescheids, der sich auf das jeweilige Beitragsjahr bezieht, ermittelt. Je nachdem, ob zu viel oder zu wenig gezahlt wurde, gibt es dann Erstattungen oder Nachzahlungen.
 

1.000 Euro Monatsbeitrag wegen Fristversäumnis

Seit 2018 haben freiwillig versicherte Selbständige für die Einreichung von Steuerbescheiden zur endgültigen Beitragsfeststellung drei Jahre Zeit. Wird diese Frist versäumt, wird als beitragspflichtige Einnahme für jeden Kalendertag laut Gesetz der 30. Teil der monatlichen Beitragsbemessungsgrenze zugrunde gelegt. Faktisch bedeutet das, dass der Beitrag dem Höchstbeitrag in der GKV entspricht. Der monatliche Höchstbeitrag in der GKV für Selbständige liegt 2023 bei 778,05 Euro (ohne Krankengeldanspruch) bzw. 807,95 Euro (mit Krankengeldanspruch). Dabei ist - dem durchschnittlichen Zusatzbeitrag entsprechend - ein Zusatzbeitragssatz von 1,6 Prozent unterstellt. Zusammen mit dem Pflegeversicherungsbeitrag, für den bezüglich der Bemessung vergleichbare Regularien gelten, ergibt sich eine monatliche Gesamtbelastung von rund 1.000 Euro.

Dieser „Höchstbeitrag“ überfordert viele Selbständige. Nach Angaben der Verbraucherzentralen halten bisher viele Krankenkassen auch dann unnachgiebig an den Höchstbeitragsforderungen fest, wenn die geforderten Steuerbescheide nach Ablauf der Drei-Jahres-Frist noch nachgereicht werden. Sie seien wegen Fristüberschreitung irrelevant, so die Argumentation der Krankenkassen. Dies sei eine rein formale Orientierung am „Buchstaben des Gesetzes“, so die Kritik von Seiten der Verbraucherschützer. Im Sozialrecht gelte aber der Grundsatz, dass sachlich richtige oder angemessene Entscheidungen Vorrang vor formal korrekten Entscheidungen hätten.
 

Künftig auch nach Fristablauf noch Einkommensnachweis möglich 

Dem Bericht der Verbraucherzentrale Hamburg zufolge soll die geplante Gesetzesänderung dies nun stärker berücksichtigen. Sofern das Finanzamt noch keinen Einkommensteuerbescheid ausgestellt hat, soll künftig keine Forderung von Höchstbeiträgen mehr möglich sein. Wenn eine Krankenkasse wegen fehlendem Steuerbescheid den Höchstbeitrag festsetzt, muss der betroffene Versicherte außerdem darüber explizit informiert werden. Ihm bleiben danach 12 Monate Zeit, das Versäumte nachzuholen. In dieser Zeit kann die Krankenkasse die Fristversäumnis nicht geltend machen.

Die geplanten Änderungen sollen auch rückwirkend gelten, sodass Selbständige auch für die Jahre 2018 und 2019 noch nachträgliche Korrekturen an der Beitragserhebung erwirken können. Die Neuregelung ist als eines von vielen „Anhängseln“ im Entwurf des Pflegestudiumsstärkungsgesetzes versteckt. Das Gesetz enthält neben Maßnahmen zur Stärkung des Pflegestudiums eine ganze Reihe von gesetzlichen Änderungen im Bereich des Gesundheitswesens.

 

 

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