Fehlverhalten im Gesundheitswesen führt zu Millionenschäden - GKV-Verband legt Bericht vor

News-Artikel vom: 27.04.2023

Abrechnung von nicht erbrachten Leistungen, Leistungserbringung und -abrechnung ohne die erforderliche Qualifikation zu besitzen, Rezeptfälschung, Vorteilsnahme und Bestechung - das sind typische Fälle von Fehlverhalten im Gesundheitswesen. Solche Fälle mögen eher die Ausnahme als die Regel sein, doch die Schäden summieren sich.

Es geht um dreistellige Millionenbeträge im Jahr mit einer hohen Dunkelziffer. Darauf macht der vom Vorstand des GKV-Spitzenverbandes kürzlich vorgelegte Bericht über „Arbeit und Ergebnisse der Stelle zur Bekämpfung von Fehlverhalten im Gesundheitswesen“ aufmerksam. Der Bericht wird alle zwei Jahre erstellt. Der jetzige Bericht ist der siebte Report seiner Art und bezieht sich auf den Zeitraum 2020/21.
 

Rückläufige Fallzahlen - weniger Kontrolle in Pandemie-Zeiten, nicht weniger Fälle

Im Berichtszeitraum gab es rund 39.600 angezeigte Hinweise auf Fehlverhalten, etwas mehr als 23.300 Neufälle wurden aktiv verfolgt. Gegenüber dem letzten Berichtszeitraum 2018/2019 bedeutet das bei Neufällen einen Rückgang um rund 17 Prozent und bei den angezeigten Hinweisen um ca. 6,5 Prozent. Das sieht positiv aus. Daraus auf weniger Fehlverhalten zu schließen, wäre aber verfehlt.

Der Rückgang ist nach Einschätzung der Krankenkassen und Pflegekassen eher der Corona-Pandemie geschuldet. Während der Pandemie-Zeit waren die Qualitäts- und Abrechnungsprüfungen des Medizinischen Dienstes zeitweise ausgesetzt und bei Hinweisprüfungen oder Ermittlungen kam es zu zeitlichen Verzögerungen. Dadurch ist wohl mancher Fall unentdeckt geblieben oder zumindest nicht so schnell und gründlich verfolgt worden. Gerade bei Fehlverhalten im Gesundheitswesen gilt: Betrug und „Schummelei“ fallen vor allem durch Kontrollen auf - wo keine Kontrolle, da auch kein Fall.
 

132 Mio. Euro Schaden - nur ein Bruchteil des tatsächlichen Schadens

Auch bei den rückläufigen Fallzahlen beläuft sich der festgestellte Schaden immer noch auf 132 Mio. Euro. Weniger als die Hälfte davon ließ sich nachträglich wieder zurückholen. Die Berichterstatter gehen davon aus, dass wegen der hohen Dunkelziffer der tatsächlich entstandene Schaden ein Mehrfaches des genannten Betrages ausmacht. In diesem Zusammenhang wird dringend eine wissenschaftlich fundierte Dunkelfeldstudie angemahnt, um ein realistischeres Bild zu gewinnen. Bei einigen unserer europäischen Nachbarn gebe es hierzu bereits umfangreiche Untersuchungen, Deutschland sei in dieser Hinsicht ein weißer Fleck auf der europäischen Landkarte.

Betrachtet man die Schäden nach Leistungsbereichen, sticht ein Bereich besonders hervor: die häusliche Krankenpflege. Alleine in diesem Bereich macht die Schadensumme mehr als 29,6 Mio. Euro aus, nur gut 50 Prozent bzw. knapp 15 Mio. Euro konnten davon zurückgeholt werden. Bereits im vorhergehenden Bericht war die häusliche Krankenpflege besonders auffällig gewesen - u.a. durch mehrere groß angelegte Betrugsversuche mit bundesweiter oder überregionaler Ausrichtung. Weitere Bereiche mit hohen Schäden (mehr als 10 Mio. Euro Schaden) sindArznei- und Verbandsmittel, Krankenhausbehandlungen und Fahrtkosten. Insgesamt zeigt der Bericht aber, dass Fehlverhalten in nahezu allen Bereichen des Gesundheitswesens vorkommt.
 

Fehlverhaltens-Stellen arbeiten auf gesetzlicher Grundlage

Die Schäden gehen letztlich zu Lasten der Versicherten, weil sie dem System Geld entziehen, das dann nicht für eine adäquate Versorgung zur Verfügung steht. Dem wollen und sollen die „Fehlverhaltens-Stellen“ entgegenwirken. Bei allen gesetzlichen Kranken- und Pflegekassen, ihren Verbänden und beim GKV-Spitzenverband gibt es entsprechende „ Stellen zur Bekämpfung von Fehlverhalten im Gesundheitswesen“ . Die Stellen sind auf gesetzlicher Grundlage tätig. Rechtsgrundlage ist im Bereich der Gesetzlichen Krankenversicherung § 197a SGB V und im Bereich der Sozialen Pflegeversicherung § 47a SGB XI.

 

 

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